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Projekt des Monats Dezember: (Ein)Blick in die Arbeit als Lesebotschafterin

Die Landesinitiative ist 2021 mit dem Fortbildungsangebot „Lesebotschafter*innen“ gestartet. Eine der nun bereits rund 70 ausgebildeten Personen ist schon von Anfang an dabei und in Höhr-Grenzhausen aktiv.

Das Fortbildungsangebot „Lesebotschafter*innen“ wurde entwickelt, damit die fortgebildeten Personen vor Ort zu Türöffner*innen für lebendige Kontakte in der Nachbarschaft werden. Seit zwei Jahren laufen nun bereits regelmäßig Basis- und Aufbauworkshops. Ein Grund, warum wir dieses Mal keine Initiative oder einen Verein aus der Landesinitiative als Projekt des Monats vorstellen, sondern eine Person, die an der Fortbildung regelmäßig teilgenommen hat: Gerlinde Ganzer (69) ist nicht nur voll und ganz Lesebotschafterin sondern die Handelsfachwirtin, die seit drei Jahren im Ruhestand ist, der keiner ist, engagiert sich ehrenamtlich auch als Mitglied des Seniorenbeirats der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen im Westerwald. Zudem ist Kassiererin in Bowling Sportverein Koblenz und Helferin der Sitzgymnastik der AWO-Höhr-Grenzhausen.

 Gerlinde Ganzer (Foto: privat)

Frau Ganzer, wie sind Sie zu einer Lesebotschafterin geworden?

Ganzer: Ich hatte etwas für meine Rentnerzeit gesucht und da kam das Angebot der Lesebotschafterin über den Seniorenbeirat der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen, in dem ich Mitglied bin. Der erste Vorsitzende dort ist DigiBo und er meinte zu mir, dass es nun auch einen LeseBo gibt. Da ich sehr gerne lese, sah ich eine schöne Aufgabe darin, für Senioren und Seniorinnen vorzulesen und hab mich dann zur Ausbildung angemeldet.

Online und praxisnah: Neue Methode und neue Ideen

Wie haben Sie dann die Fortbildung zur Lesebotschafterin erlebt?

Ganzer: Mein erster Workshop war im Mai 2021. Das war eine sehr interessante Erfahrung für mich, gerade auch in Bezug auf die Online-Fortbildung, die ich so noch nicht kannte. Die Präsentation damals und auch bei den folgenden Workshops von Frau Scholl und Frau Konzet haben mir sehr gut gefallen, das war auch alles sehr praxisnah und ich habe viel dazu gelernt. Ich habe dort auch weitere sehr nette Menschen kennengelernt, die alle viele Ideen haben, was man als Lesebotschafterin machen könnte und woran ich selbst noch nicht gedacht habe. Es gibt ja auch den Moodle-Onlineraum, in dem man sich weiter austauschen kann. Leider habe ich da aber noch nicht mitgemacht. Ich nehme mir das immer vor, vergesse es aber auch wieder, weil es noch so viele andere Sachen gibt, bei denen ich mich engagiere. Ich muss aufpassen, dass ich mich da nicht zu sehr verzettele.

Vom individuellen Vorlesen zum „Literarisch-Kulinarischen Quartett“

Wie ging es nach der Fortbildung weiter für Sie vor Ort in Höhr-Grenzhausen?

Ganzer: Ich habe angefangen bei zwei Damen im Demenzbereich des AWO-Seniorenheims vorzulesen, dann kam mir aber immer wieder Corona dazwischen und ich musste wieder aufhören. Durch die Pandemiephasen war es sehr schwer, dann Termine in den Heimen oder einer Tageseinrichtung zu bekommen, alle waren sehr vorsichtig und es gab dann zunächst keine weitere Möglichkeit vorzulesen, auch weil ich mich selbst natürlich nicht einer Ansteckung aussetzen wollte. Leider sind die beiden Damen inzwischen auch verstorben. Kürzlich erst habe ich wieder Kontakt zu einer neuen Dame im Heim aufgenommen. Allerdings bat sie darum, statt vorzulesen, lieber mit ihr direkt zu reden.

Neben den individuellen Lesebesuchen, was ist sonst noch aus Ihrer Fortbildung erwachsen?

Ganzer: Ich wurde von Michaele Meudt, die Gemeindeschwesterplus ist, und die ich auch über den Seniorenbeirat kennengelernt habe angesprochen, da sie mitbekommen hatte, dass ich eine Lesebotschafter-Fortbildung gemacht habe. Zusammen mit zwei Frauen aus der Stadtbücherei haben wir überlegt, welches Lese-Angebot man in dem schön gelegenen AWO-Pavillon machen könnte, wo es zudem auch sanitäre Anlagen gibt. Dann ist noch Elisabeth Schmidt zu uns gestoßen, die meinte, dass es doch eine Küche in der AWO gebe und man neben dem Vorlesen auch noch etwas zu essen anbieten sollte, was sie gerne übernehmen würde. Daraus ist dann unser „Literarisch-Kulinarisches Quartett“ entstanden, das zum ersten Mal im Juli dieses Jahres stattfand.

„Das Ganze war ein voller Erfolg“

Wie genau ist dies abgelaufen?

Ganzer: Acht Damen sind unserer Einladung zum „Literarisch-Kulinarischen Quartett“ gefolgt, in dem wir vier Schwerpunkte anbieten: Lesungen, Wissen, Bewegung und Genuss. Die Damen der Bücherei stellten einige Bücher vor und haben Tipps gegeben, was von Interesse sein könnte. Unser DigiBo erklärte, wie man Online Bücher ausleiht. Es gab ein Quiz anlässlich 75 Jahre Rheinland-Pfalz, in dem es um Sehenswürdigkeiten im Land, aber auch um Besonderheiten in unserer Region, wie der Keramik, ging. Ich las zwei Geschichten aus den Fabeln aus dem Westerwald vor und ein Gedicht einer bekannten Dame aus Höhr-Grenzhausen, in dem es darum geht, wie es ist, wenn Westerwälder das erste Mal nach Koblenz zum Shoppen fahren. Da das Quartett im Sommer stattfand, hat die Gemeindeschwesterplus im Park, in dem der Pavillon liegt, eine Bewegungseinheit angeboten: ein Ballspiel im Kreis. Die Teilnehmerinnen haben sich die Bälle zugeworfen und jede, die ihn gefangen hat, musste etwas über sich erzählen. Kulinarisch wurde zum Abschluss ein supergutes Essen serviert – eine Lauch-Käse-Suppe und passend zum Sommer ein Johannisbeer-Baisser-Kuchen. Das Ganze war ein voller Erfolg.

War dies eine einmalige Aktion?

Ganzer: Nein, am 5. Oktober fand unser zweites „Literarisch-Kulinarisches Quartett“ statt. Frau Meudt hat gut die Werbetrommel gerührt, denn es kamen nun 14 Damen und ein Herr. Wir haben uns überlegt, dass es aber bei weiteren Veranstaltungen – Anfang Januar ist die nächste geplant –insgesamt nicht mehr als 20 Personen werden sollen. Als Programm stellte die Bücherei dieses Mal historische Romane vor, es gab einen Quiz rund um typisch Westerwälderisches, etwa den Deppekooche. Statt körperlicher Bewegung stand dieses Mal die geistige Bewegung mit Gedächtnistraining an. Es galt reihum Obst- und Gemüsesorten von A bis Z zu nennen. Passend zum Herbst gab es Zwiebelkuchen mit Federweißem und Pflaumenknödel. Und ich habe zwei Kurzgeschichten vorgelesen „Die letzte Rose“ und „Wie der Begriff Altweibersommer entstand“. Zudem hat eine Dichterin vor Ort einige ihrer Gedichte vorgetragen. Nun treffen wir uns und planen das dritte „Literarisch-Kulinarische Quartett“.

Durchstarten mit neuen Ideen

Neben Ihren bisher gemachten Erfahrungen: Haben Sie schon weitere Ideen oder Pläne, wo Sie Ihre Qualifikation als Lesebotschafterin einsetzen könnten oder wollen?

Ganzer: Ich würde gerne weiter Einzelpersonen vorlesen und mir schwebt für den kommenden Frühling oder Sommer ein Vorlesen „Vor der Haustür“ vor. Für die Nachbarn oder für jeden, der gerne kommen möchte. Vor kurzem habe ich einen weiteren Aufbauworkshop zu den LeseBos besucht, wo es darum ging, was man unternehmen kann, um auch zu Hause bei Personen vorzulesen. Ich suche nun also nach entsprechenden Kontakten, bei wem ich dies umsetzten kann. So verspreche ich mir auch etwas davon, dass ich nun in dem neu gestalteten Wegweiser für Seniorinnen und Senioren der Verbandsgemeinde nicht nur als Mitglied des Seniorenbeirates erwähnt werde sondern auch als Lesebotschafterin. Auch gibt es alle zwei Wochen ein Kaffeekränzchen in der AWO, wo ich eventuell etwas vorlesen möchte. Ich hoffe, dass Corona bald endlich ein Ende findet und ich nächstes Jahr so richtig durchstarten kann.

Frau Ganzer vielen Dank für das Gespräch!

Allgemeine Informationen zur Fortbildung Lesebotschafter*innen finden Sie hier.