In der Verbandsgemeinde Linz am Rhein, die sich vom rechten Rheinufer bis in die Höhe erstreckt und die im Landkreis Neuwied liegt, leben knapp 20.000 Bürgerinnen und Bürger. Für die Menschen in der Region ist ein Kümmerer-Team da, das diese unterstützt und berät. Auch ist es für die Vernetzung und Koordinierung der vielen ehrenamtlich Engagierten und den vielen Angeboten in der Verbandsgemeinde zuständig. Seit zweieinhalb Jahren ist die Kümmerin Jutta Mönnig im Team. Der Job als Ansprechpartnerin für so viele Menschen macht ihr „Riesenspaß“, sei aber auch herausfordernd, denn ihre Tagesplanung müsse sie täglich anpassen, „da man ständig auf aktuelle Entwicklungen reagieren muss“. Im Interview berichtet die 56-Jährige über Arbeit und Organisationsstrukturen – die sie spontan als „ein Träumchen“ bezeichnet – sowie die vielen Angebote in der Verbandsgemeinde Linz, die sich bei der Landesinitiative unter anderem auch mit den Gemeindecafés und dem Bürgerfahrdienst präsentiert.
Jutta Mönnig (l.) und Waltraud Schmaus (Foto:VG Linz)
Frau Mönnig, warum braucht es ein Kümmerer-Team und wie ist es entstanden?
Mönnig: Bei der Verbandsgemeine Linz gibt es seit vielen Jahren ein Seniorenbüro, welches sich unter der Leitung meines Vorgängers Klaus Krumscheid um die Belange der Seniorinnen und Senioren eingesetzt hat. So hat er gemeinsam mit dem Seniorenbeirat bewirkt, dass ein spezieller Ansprechpartner für hilfsbedürftige Menschen, also nicht nur für Ältere, installiert werden sollte, ein Kümmerer, eine Kümmerin. Eine Gelegenheit, diese Idee voranzutreiben, stellte dabei die Zukunftsinitiative des Innenministers des Landes RLP „Starke Kommunen – Starkes Land“ dar. Für die erstmalige Besetzung einer Kümmererstelle wurden hier Mittel durch das Land bereitgestellt. Die finanzielle Ausstattung wurde später von der Verbandsgemeinde Linz übernommen, da das Projekt sich bereits damals als förder- und ausbauwürdig herausgestellt hatte. Als erste Kümmerin konnte Waltraud Schmaus gewonnen werden, die auch heute noch unterstützend tätig ist und die es seinerzeit geschafft hat, über die Grenzen unserer Region hinaus einen Bekanntheitsgrad zu erlangen.
Wie sind Sie organisiert und worum kümmern Sie sich genau?
Mönnig: Unser Kümmerinnen-Team ist bei der Verbandsgemeinde Linz als Teil des Seniorenbüros angestellt und kann auf die Ressourcen der Verwaltung zurückgreifen.
In den Mitteilungsblättern und auf Website der Verbandsgemeinde wird auf die Angebote und Kontaktdaten von uns beiden Kümmerinnen hingewiesen.
Bei den Anfragen an uns geht es häufig um Probleme, bei denen Mitbürger Hilfe benötigen. Dies reicht von Hilfestellungen im Haushalt oder der Unterstützung bei der Suche nach Heimplätzen bis hin zur Unterstützung bei der Beantragung einer rechtlichen Betreuung, wo dies notwendig ist. Dabei geht es in erster Linie darum, den Kontakt zu den richtigen Institutionen herzustellen.
Manchmal hilft es aber auch schon, offen für ein Gespräch zu sein, um insbesondere älteren einsamen Mitbürgern zu helfen. Natürlich weisen wir dann auch auf die vielfältigen Angebote hin, die für die Senioren in der Verbandsgemeinde existieren, z.B. die Gemeinde-Cafés. Die Tätigkeiten werden häufig im Rahmen von Hausbesuchen ausgeübt. Natürlich steht das Kümmerinnen-Team auch bei anderen Fragestellungen zur Verfügung und erledigt mit den Betroffenen auch Behördengänge.
„Super vernetzt, unbürokratische kurze Wege mit direkter Kommunikation“
Das hört sich nach viele Koordinierungsarbeit an. Wie wichtig ist dabei die Vernetzung vor Ort und wie gut funktioniert diese?
Mönnig: Wir sind super vernetzt hier in der Verbandgemeinde. Von Anfang an als ich ins Team gekommen bin, gab es einfache Wege hier in der Verbandgemeindeverwaltung. Ich kann mit verschiedenen Anliegen einfach bei meiner Vorgesetzten oder beim Bürgermeister anklopfen und oft öffnen sich so Tür und Tor und es gibt keine komplizierten bürokratischen Wege, sondern kurze Wege mit direkter Kommunikation.
Wir sind darüber hinaus aber auch mit vielen anderen Partnern in der Region vernetzt. Ganz wichtig ist etwa der Pflegestützpunkt, weil dessen Mitarbeiterinnen bei der Beantragung eines Pflegegrades den Betroffenen fachlich fundiert helfen. Weitere enge Ansprechpartner sind die örtlichen, ebenfalls hauptberuflich tätigen Seelsorger der Kirchen, die von uns dann angesprochen werden, wenn z.B. Mitbürger einen Trauerfall zu verarbeiten haben und sie hierfür unserem Eindruck nach Unterstützung bedürfen.
Es gibt auch weitere ehrenamtliche Organisationen in der Verbandsgemeinde, wie etwa die Freiwilligenbörse, der Verein Bürger helfen Bürgern, der Bürgerfahrdienst oder Essen auf Rädern. In Gesprächskreisen können sich Ehrenamtler und Organisatoren austauschen und so bei auftretenden Problemen helfen.
Gemeinde-Cafés als Dreh- und Angelpunkt für soziale Kontakte und diverse Angebote und Veranstaltungen
Sie haben sich bei der Landesinitiative auch mit den Gemeindecafés präsentiert. Welche Aufgabe übernehmen diese?
Mönnig: Die Gemeinde-Cafés stellen in der Verbandsgemeinde einen wichtigen Baustein dar, um gegen das Problem der Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken. Aber nicht nur das: Hier gibt es Angebote, die speziell auf Senioren zugeschnitten sind, z.B. etwa Vorträge des ebenfalls ehrenamtlich in der Verbandsgemeinde tätigen Sicherheitsbeauftragten. Dies ist ein pensionierter Polizeibeamter, der die Bürger auf die Gefahren hinweist, vom Einbruchsschutz bis zum Schutz vor dem „Enkeltrick“. Oder aber eine Mitarbeiterin des Betreuungsvereins SKFM, die über Patientenverfügungen oder die gesetzliche Betreuung unterrichtet.
In der Verbandsgemeinde gibt es insgesamt sechs solcher Gemeinde-Cafés nämlich in Linz, Dattenberg, Leubsdorf, Sankt Katharinen, Vettelschoß und Kalenborn, die regelmäßig in den Gemeinde- oder Bürgerhäusern geöffnet sind. Dort treffen sich Jung und Alt, Männer und Frauen, ein- bis zweimal die Woche bei Kaffee und Kuchen.
Daneben gibt es noch andere regelmäßige Treffpunkte. So der KatharinenTreff – unser erstes Café, das seit 2007 besteht! Dieser findet in den Räumen der evangelischen Kirchengemeinde statt und bietet wie die Gemeindecafés regelmäßige offene Treffs bei Kaffee und Kuchen. Oder aber das Repaircafé in Linz, dort können Bürgerinnen und Bürger mit defekten Geräten vorbeischauen und diese – gerne gemeinsam – mit den handwerklich versierten Ehrenamtlichen reparieren.
Alle Angebote erfüllen die wichtige Aufgabe, des sozialen Austauschs untereinander. Es sind vor allem regelmäßige Treffpunkte für die Älteren, die gegen das Alleinsein helfen und wo neue Kontakte geknüpft werden können.
Der Einsamkeit entgegenwirken: Von Hausbesuchen bis hin zur App
Apropos Alleinsein, welchen Stellenwert hat dieser Aspekt in Ihrer Arbeit als Kümmerin?
Mönnig: Einen sehr großen! Gerade auch unsere Hausbesuche sind dabei für die Betroffenen, aber auch für uns sehr wichtig. Wir können vor Ort die persönliche Situation der Hilfesuchenden besser einschätzen und in einem persönlichen Gespräch klären. Gibt es Familie und Freunde? Welche Hilfe wird konkret benötigt und welche kann überhaupt angeboten und geleistet werden?
Es geht aber auch darum, Vertrauen aufzubauen, insbesondere wenn wir von Dritten über eine schwierige soziale Situation hingewiesen worden sind und der oder die Betroffene sich zu einer Kontaktaufnahme bereiterklärt hat. Es geht manchmal „nur“ um die Begleitung zum Arzt, aber das Spektrum der Hilfe kann sich anschließend noch intensiver entwickeln.
Als Beispiel fällt mir hierzu ein, dass wir einer älteren Dame eine ehrenamtliche Helferin vermittelt haben. Die Ehrenamtlerin besitzt einen Hund, den sie zu den Besuchen mitgebracht hat. Inzwischen bleibt der Hund teilweise bei der Dame und trägt dazu bei, dass die Einsamkeit, die die Dame nach dem Tod ihres Mannes erfahren hat, deutlich gemildert wurde und die Lebensfreude zurückgekehrt ist. Zudem haben wir der Dame vermittelt, dass sie an einem gemeinschaftlichen Essen am ersten Weihnachtsfest teilnehmen konnte, welches sie nach dem Tod ihres Mannes erlebte.
Gerade übrigens hatten wir auch unser Treffen mit unseren Ehrenamtlern der Cafés, auf dem uns die neue Smart-City-App vorgestellt wurde. Mit dieser hoffen wir, der Einsamkeit noch effektiver zu begegnen und die Netzwerke noch enger zu knüpfen. Hier sollen die vielfältigen Angebote gebündelt werden. Gerade das Treffen, dass bei den ehrenamtlichen Helfern auf große Resonanz stieß, hat bereits zu einer engeren Verzahnung und Austausch der Aktivitäten geführt. In der App finden sich zudem Informationen zu Ärzten, aber auch zu Veranstaltungen in der Region.
Breite Angebotspalette: Von der Freiwilligenbörse über den Fahrdienst, bis hin zum Waffelbacken für alle im Seniorenheim
Sind dort auch Informationen zum Bürgerfahrdienst zu finden? Wie wichtig ist dieses Angebot?
Mönnig: Ja, natürlich. Der Bürgerfahrdienst wird von der Verbandgemeinde koordiniert und ermöglicht es älteren und/oder nicht mobilen Personen innerhalb unserer ländlich geprägten Verbandsgemeinde zum Einkauf, zum Arzt- oder Behördenbesuch gefahren zu werden. Durch den Fahrdienst wird aber auch die Teilnahme an Veranstaltungen ermöglicht, wie etwa zu den Gemeindecafés, was sehr wichtig ist.
Interessierte können sich montags und mittwochs für Fahrten anmelden, die dann immer von Montag bis Donnerstag vormittags und Donnerstagnachmittag stattfinden und von ehrenamtlichen Fahrern mit einem Wagen oder einem kleineren Bus der Verbandsgemeinde Linz durchgeführt werden. Dies allein zeigt bereits, welch wichtiger Baustein der Bürgerfahrdienst bei unserer Arbeit ist.
Welche anderen Angebote können ältere Menschen in ihrer Verbandgemeinde finden?
Mönnig: Es gibt neben den regelmäßigen Angeboten natürlich noch einige spezielle Veranstaltungen. Hier kann ich den Seniorentag der Verbandsgemeinde erwähnen, der jährlich auf dem Marktplatz stattfindet und auf dem die unterschiedlichen Angebote den Seniorinnen und Senioren neben allgemeinen Informationen nähergebracht werden. Übrigens auch eine Gelegenheit für die Seniorinnen und Senioren, sich zu treffen, kennenzulernen und auch neue Kontakte zu knüpfen. Dieser wird hauptverantwortlich von Klaus Krumscheid organisiert, der seine Herzens-angelegenheit damit weiter vorantreibt.
Ein sehr schönes Angebot, das Ehrenamtler unterstützen, ist etwa das Waffelbacken in einem Seniorenheim, das einmal im Monat stattfindet. Dieses steht aber nicht nur offen für die Heimbewohner, sondern auch für Menschen von außen, für Jung und Alt.
Wir haben auch in der Verbandsgemeinde einen Digitalbotschafter samt Team, Sie stehen gerade älteren Mitbürgern, die Probleme im Umgang mit den neuen Medien haben, zur Seite und beantworten deren Fragen. Treffpunkt ist dabei das Repair-Café, eine weitere unverzichtbare Institution in der Verbandsgemeinde.
Ganz wichtig ist auch unsere Freiwilligenbörse, die älteste Initiative in diesem Bereich in der Verbandsgemeinde. Dort können sich einerseits Freiwillige melden und angeben, wann und in welchem Umfang sie gerne welche freiwilligen Tätigkeiten anbieten möchten. Auf der anderen Seite können sich Privatpersonen oder Organisationen melden, die auf der gezielten Suche nach Unterstützung sind. Wenn Angebot und Nachfrage passen, dann bringen wir die Betreffenden miteinander in Kontakt.
Ebenfalls regelmäßig angeboten werden die Einkaufsfahrten zum CAP-Markt in St. Katharinen. Dieses Angebot dient nicht nur dem Einkauf, sondern auch dem gemeinsamen Treffen der Fahrgäste im Café des Marktes. Die Durchführung der Fahrten hat der CAP-Markt übernommen.
Ein „Ameisenstaat“ an Freiwilligen
Wie groß ist der Pool an Ehrenamtlichen, die sich in der Verbandsgemeinde engagieren? Ermöglichen Sie den Ehrenamtlern auch einen Austausch untereinander?
Mönnig: Ich möchte inzwischen das Netzwerk an Freiwilligen als einen Ameisenstaat bezeichnen. Darüber sind wir sehr froh und auch ein bisschen stolz. Der Austausch unter den freiwillig Engagierten erfolgt über das Seniorenbüro. Es finden regelmäßige Treffen statt. Für die Belange der Seniorinnen und Senioren setzt sich auch der in der Verbandsgemeinde gewählte Seniorenbeirat ein, der viermal jährlich tagt. Einige Mitglieder des Seniorenbeirats haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die mit mir und Klaus Krumscheid den organisatorischen Rahmen bilden.
Natürlich kann es aber nie genug Helferinnen und Helfer geben. Deswegen rufen wir in unseren Mitteilungsblättern auch immer dazu auf, sich zu engagieren. Wenn einmal Vakanzen in einigen Bereichen bestehen, suchen wir auch gezielt nach Personen, die dort tätig werden können. Das wichtigste Instrument zur Gewinnung von Helfern und Helferinnen stellt jedoch die persönliche Ansprache dar, die auch von den bereits tätigen Ehrenamtlern selbst erfolgt.
„Menschen aus schwierigen persönlichen Situationen ein Stück weit zu befreien, ist sehr befriedigend“
Was prägt und motiviert Sie besonders in Ihrer Arbeit?
Mönnig: Wenn ich den Sinn meiner Arbeit hinterfrage, so erfahre ich diesen ja täglich selbst. Man kann vielleicht nicht jedes Problem lösen und manchmal sind wir auch einfach der falsche Ansprechpartner. Aber wenn ich wieder einen Betroffenen dabei helfen konnte, sich aus einer schwierigen persönlichen Situation ein Stück weit zu befreien, ist das für mich sehr befriedigend. Und natürlich schlägt einem häufig auch eine große Dankbarkeit entgegen.
Dabei bin ich selbst und meine Kollegin Waltraud Schmaus nur ein Rädchen in der ganzen Organisation. Ich kann immer wieder nur auf die vielen Ehrenamtlichen hinweisen, die die Hauptlast der Arbeit tragen. Gerade die Zusammenarbeit mit diesen ist für mich ein weiterer sehr motivierender Teil meiner Arbeit.
In Planung: Mehr generationenübergreifende Projekte und Mehrgenerationenhaus
Was könnte Ihrer Meinung nach in der Verbandgemeinde noch besser werden oder welche Ideen gibt es für die Zukunft?
Mönnig: Wie man sieht, sind wir in der Verbandsgemeinde Linz auf einem guten Weg. Aber Stillstand ist Rückschritt. Also geht es darum, weitere Möglichkeiten auszuloten, um insbesondere das Problem der Einsamkeit der Menschen zu bekämpfen. Hier ist aus meiner Sicht ein Ansatzpunkt, auch generationsübergreifende Angebote zu schaffen. Auch hieran arbeiten wir. So besteht schon heute eine Verbindung zwischen der Arbeitsgruppe, der Jugendvertretung der Verbandsgemeinde und der Arbeitsgruppe des Seniorenbeirats.
Auch wäre aus unserer Sicht ein Mehrgenerationenhaus für die Verbandsgemeinde ein lohnendes Projekt. Auf Initiative der Arbeitsgruppe des Seniorenbeirats wird hierüber auch schon diskutiert und geplant.
Weihnachten steht vor der Tür, haben Sie in der Verbandgemeinde Linz besondere Angebote geplant?
Mönnig: Wie ich ja bereits vorhin bei dem Beispiel mit der älteren Dame erwähnt habe, gibt es über die Kirchen die Möglichkeit gemeinsam das Weihnachtsfest zu feiern. Dafür wurde sogar extra ein Hol- und Bringservice eingerichtet.
Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch die zahlreichen „Dankeschön-Veranstaltungen“ mit den ehrenamtlich tätigen Damen und Herren. Ein Dankeschön, das sie alle mehr als verdient haben!
Vielen Dank für das Gespräch Frau Mönnig!
Weitere Informationen zu den Kümmerinnen auf der Webseite der Verbandsgemeinde Linz sowie im Projektefinder der Landesinitiative. Dort auch zu den Gemeindecafés und dem Bürgerfahrdienst.
Infos zur Smart-City-App der Region Linz finden Sie hier.
Social-Media-Präsenz der Region Linz über Instagram oder Facebook.
Webseite des Seniorenbeirates der Verbandsgemeinde Linz.