Seit 2009 arbeitet der Diplomverwaltungswirt Bernd Gard an der Entwicklung und der Verbreitung des „Saarburger Modells“, das inzwischen schon in einigen Gemeinden Früchte getragen hat. „Man benötigt Wissen und Werkzeuge, um etwas zu verändern“, sagt der der 72-jährige Präventologe, für den die Gesundheit ein Schlüssel zur Gestaltung der Zukunft ist, wie er im Interview erläutert.
Herr Gard, Sie haben aus der Funktion eines Ortsbürgermeisters heraus das „Saarburger Modell“ entwickelt. Was steckt dahinter und warum sollten sich andere Kommunen dafür interessieren?
Gard: Meine Intention ist aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit als Berater für Menschen mit einer Behinderung entstanden. Meine Funktion als Ortsbürgermeister hat es mir dann ermöglicht, meine Vorstellungen von der Gestaltung der Zukunft auf der Grundlage der Gesundheitsförderung und Prävention umzusetzen. Meiner Auffassung nach ist die Salutogenese – also die Wechselwirkungen, die zur Entstehung und Erhaltung von Gesundheit beitragen – der Hebel, um die Gesellschaft nachhaltig positiv zu entwickeln. Daher kann ich nur dazu auffordern: Nachmachen!
Das Thema Gesundheit ist also eine der Triebfedern für Ihr Engagement. Was konnten Sie hier vor Ort in Ihrer Region erreichen und aufbauen?
Gard: Im Kreis Trier Saarburg wurden und werden Kommunen nach dem Saarburger Modell sozial, ökologisch und ökonomisch zukunftsfähig gemacht. Die größte Erfolgsstory dabei ist, Wissen zu vermitteln und nachhaltige Entwicklungsstrukturen aufzubauen. Denn kein Wissen bedeutet kein vernünftiges Handeln – also Stillstand!
So ist in Mannebach zum Beispiel die erste Dorfgesundheitshütte entstanden, ein moderner Kommunikations- und Bewegungsraum für Jung und Alt. Mit Unterstützung des Natur-Park Saar-Hunsrück ist mit fachkompetenter Beratung der erste kommunale Permakultur-Garten entstanden – eine besonders nachhaltige Form des Gärtnerns. In Serrig wurde die erste Gesundheitsgenossenschaft gegründet und in Mesenich an der Sauer widmet sich eine neugegründete Seniorensportgruppe dem Thema „Bewegung für Senioren und Seniorinnen“, um nur einige Beispiele zu nennen.
Worauf Sie denn besonders stolz, aus dem, was Sie erreicht haben?
Gard: Stolz bin ich auf die Bürgerinnen und Bürger, die in den „Aktivierungskommunen“ ihre Komfortzone verlassen haben und die Dringlichkeit des Handelns erkannt haben. Sie engagieren sich für die eigene Lebensqualität und die ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger und haben die Herausforderungen der Zukunft angenommen. Das gilt auch für die Kommunalpolitiker, die diesem Themen aufgeschlossenen gegenüberstehen. Das müssen allerdings noch deutlich mehr werden.
Die aktiven Kommunen haben die Themen „Bewegung“, „Ernährung“, „Mobilität“, „Miteinander und Gemeinschaft“ für sich angenommen und entsprechende Projekte selbst auf den Weg gebracht. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt. Geht den Machern die Luft aus, dann kann ein Aktivierungsprozess auch scheitern.
Ihnen ist es wichtig über Dorf- und Gemeindegrenzen hinaus zu agieren. Wie gestalten Sie Ihre Netzwerkarbeit? Und was ist für Sie ein gut funktionierendes oder erfolgreiches Netzwerk?
Gard: Netzwerkarbeit von oben nach unten, also Top-down, funktioniert nicht sonderlich gut, denn Veränderungen entstehen immer an der Wurzel. Ich habe es geschafft, dass die Netzwerkarbeit von unten nach oben, als das Bottom-up, und das Top-down zusammengerückt sind und dies zum Wohle der gemeinsamen Ziele. Ein funktionierendes Netzwerk entsteht nur dann, wenn wir gegenseitig zuhören und uns gegenseitig respektieren. Das ist nur mit Leistung oder Ideen und Visionen zu erreichen.
So ist zum Beisiel der Kooperationsvertrag mit den Gesundheitskassen in Rheinland-Pfalz entstanden. Ein Vorreiter ist etwa die IKK Südwest, die seit 2015 mit im Boot sitzt, und die Durchführung von Seminaren, den Dorfberater für kommunale Gesundheit und Demografie oder die Manager und Mangagerinnen für die Lebensqualität der Bürger und Bürgerinnen gefördert hat. Auch die von der IKK Südwest geförderte Internetplattform „Schlaue Dörfer“ ist am Netz. Weitere treibende Kräfte sind aber auch die Barmer und die AOK. Darauf wiederum beruht die Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle für gesundheitliche Chancengleichheit, dem Berufsverband der Präventologen und vielen anderen.
Welches Fazit ziehen Sie für Ihre bisherige Arbeit und welche Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesetzt?
Gard: Mein Fazit lautet: Es lohnt sich immer dicke Bretter zu bohren! Wir brauchen aber mehr Menschen, die gegen den Strom schwimmen und über ihr Engagement einen Beitrag zur Erhaltung unsere freiheitlichen Strukturen leisten. Mein Ziel ist es, noch mehr Menschen für ein Mitmachen zu gewinnen!
Kontakt:
Bernd Gard
E-Mail: berndgard@t-online.de
Weitere Informationen im Internet:
Gesundheitspunkt Saarburg
Internetplattform "Schlaue Dörfer"
Webseite des Dorfes Mannebach
Projektdarstellung auf der Webseite der Landesinitiative