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Projekt des Monats Juli/August: Ehrenamtliche aus Winnweiler haben eine Stunde Zeit für jeden

Vor sechs Jahren wurde aus einer Idee Wirklichkeit. In dem Ort im Donnersbergkreis engagieren sich Bürgerinnen und Bürger mit Unterstützung der Gemeinde für ihre Mitmenschen im Ort.

Rund 5000 Menschen leben In Winnweiler an den nördlichen Ausläufern des Pfälzer Waldes. In der Gemeinde mit vier Ortsteilen nimmt sich eine aktive Gruppe von Ehrenamtlichen regelmäßig „EineStundeZeit“ für Mitbürgerinnen und Mitbürger. Denn der Name der engagierten Bürgerinitiative ist Programm. Ihr steht ein dreiköpfiges Führungsteam zur Seite. Silke Borst (53, Technische Zeichnerin) Bernhard Franke-Polz (41 Jahre, Softwareentwickler) und Peter Riedel (68 Jahre, Berufschullehrer im Ruhestand) geben im Folgenden Einblick in die Entstehung, Organisation und Arbeitsweise von „EineStundeZeit“.

 


Das gesamte Orgateam mit dem dreiköpfigen Führungsteam: Volker Demmerle, Peter Riedel, Michaela Demmerle, Silke Borst, Bernhard Franke-Polz, Birgid Nunheim, Kerstin Weis, Beate Steitz (v.l).
Foto: EineStundeZeit

 

Mitmachen ohne Zwänge und Hürden

Herr Riedel, „EineStundeZeit“ heißt ihre Initiative, wer nimmt sich Zeit für wen und was ist das Besondere daran?

Riedel: Wir sind eine Bürgerinitiative, in der jeder mitarbeiten kann, um Hilfesuchenden eine Stunde Zeit zu „schenken“. Das Besondere ist, dass jede und jeder Interessierte einfach mitmachen kann, Ideen einbringen und umsetzen kann, ohne große Hürden oder zeitliche Zwänge.

Wer sind die Menschen, die ihre Zeit schenken, Frau Borst?

Borst: Wir sind ein Pool von 29 Helfer und Helferinnen unterschiedlichen Alters und wir als dreiköpfiges Orgateam. Uns allen ist gemein, dass wir Hilfesuchende unterstützen wollen und somit einen sozialen Beitrag für unsere Gemeinde leisten.

Wie haben Sie sich die Aufgaben im Orgateam aufgeteilt Herr Franke-Polz?

Franke-Polz: Frau Borst ist die Ansprechpartnerin für das Begegnungscafé und den Fahrradcheck. Herr Riedel übernimmt das „Bürokratische“ und ich bin für die Aufteilung der Telefondienste und die Dokumentation zuständig. Weiterhin unterstütze ich Herrn Riedel bei unserer Homepage.

Immer erreichbar und pro Woche rund vier Einsätze

Für welche Tätigkeiten verschenken die Engagierten Zeit?

Borst: Ob nun Hilfe bei Formularen, Begleitung beim Einkauf, zum Spazieren, zur Kirche oder zum Arzt, oder einfach nur einen Besuch, weil jemand Lust auf Gesellschaft hat. Auch bei kleineren technischen Themen – etwa zu PC, Handy und Fahrrad – oder bei kleinen handwerklichen Dingen versuchen wir zu helfen. Herr Franke-Polz und ich engagieren uns auch als Digitalbotschafter, sodass wir bei Anfragen dorthin verweisen.

Wie treten Hilfesuchende mit der Initiative in Kontakt?

Franke-Polz: Wir sind Montag bis Freitag zu festen Zeiten telefonisch zu erreichen. Der Telefondienst wird von sechs Personen reihum verrichtet. Diese versuchen nunmehr eine geeignete Helferin oder einen Helfer zu finden, was eigentlich immer klappt. So haben wir im ersten Halbjahr 123 Einsätze mit insgesamt 240 Stunden geleistet. Das entspricht etwa vier Einsätzen pro Woche. Um den Überblick zu behalten, führen wir im PC eine Liste, in der jeder aus dem Orgateam sehen kann, welche Tätigkeit wer für wen übernommen hat bzw. welche Anfragen noch offenstehen.

Wie kam es zu der Idee „EineStundeZeit“ ins Leben zu rufen?

Riedel: Ich hatte Kontakt zu einem Freund aus dem Odenwald, wo eine solche Initiative bereits existierte und konnte mir das auch gut für Winnweiler vorstellen. Zwei Mitstreiter und ich, wurden entsprechend aus dem Odenwald gecoacht, was Rechtliches und Organisatorisches betrifft und so stand der Gründung nichts mehr entgegen.

Abgesichertes Engagement durch die Gemeinde: „Für uns ein Lottogewinn“

Wie haben sie „EIneStundeZeit“ rechtlich aufgestellt?

Riedel: Da hatten wir arge Bedenken, einen rechtlichen Rahmen zu finden. Wir gingen zu unserem Bürgermeister Herrn Jacob und stellten ihm unsere Idee vor. Er war sofort begeistert und schlug vor, dass wir als Ehrenamtliche der Gemeinde unsere Arbeit aufnehmen. Das war für uns ein Lottogewinn! Wir mussten keinem Verein gründen, Satzung erarbeiten, Vorstand wählen usw. Als Ehrenamtliche der Gemeinde sind wir umfänglich bei unseren „Einsätzen“ abgesichert. Am 9. Mai 2018 haben wir zu einem Infoabend eingeladen. Nach gut einer Stunde brachte eine Teilnehmerin die Sache auf den Punkt: „Nicht so viele Bedenken, das machen wir”. Schon am 30. Mai haben wir mit unserer Arbeit begonnen.

Wie finanzieren sie sich?

Borst: Wir konnten unsere Idee dem Gemeinderat vorstellen, der auch sofort begeistert war. So beschloss der Rat uns jährlich mit 500 Euro zu unterstützen, sodass wir die laufenden Kosten für Telefon, Homepage, Werbematerial usw. bestreiten können. Wir erhalten auch Spenden von Hilfesuchenden, denen wir ja unentgeltlich helfen. Zudem sind einzelne Projekte von uns auch durch das LEADER-Programm der Europäischen Union gefördert.

Vom Café bis zur Saatgutbibliothek

Sind sie neben den Helfereinsätzen auch noch auf anderen Feldern mit ihrer Initiative aktiv?

Franke-Porz: Aus der Gruppe der Helfenden entwickeln sich immer wieder neue Ideen. So gibt es auch ein Begegnungscafé. Sieben Damen hatten diesen Vorschlag gemacht und so findet nunmehr einmal im Monat dieses Café in Räumlichkeiten der Gemeinde statt mit einem unterschiedlichen Programm, das die Frauen organisieren und das im Gemeindeblatt regelmäßig angekündigt wird.

Borst: In Zusammenarbeit mit der Gemeindebücherei wurde eine Schmökerzelle angeschafft, die von den Winnweilerern gerne benutzt wird. Das ist eine alte Telefonzelle, in der rund 300 Bücher niedrigschwellig für alle Mitbürger frei zugänglich sind.

Das gleiche gilt auch für die Saatgutbibliothek, in der diverse Samen für den Garten zum Erhalt der Artenvielfalt kostenfrei erhältlich sind. Diese befindet sich ebenfalls in den Räumlichkeiten der Gemeindebücherei und wird wie die Schmökerzelle von deren Team betreut und gepflegt.

Ein Helfer hatte die Idee, einen Rundgang durch Winnweiler zu erstellen. Mit dem Handy wird man zu interessanten Punkten in der Gemeinde geführt und das in vier verschiedenen Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und „Pälzisch“.

Seit kurzem gibt es auch eine Gruppe „Fahrrad – Check“. Hier kann sich jede und jeder wertvolle Tipps und Hilfestellungen rund ums Fahrrad geben lassen.

Wie sehen die Zukunftspläne aus?

Franke-Polz: Wir freuen uns am Bestehenden und wenn jemand eine neue Idee hat, kann er sie gerne umsetzen, wenn sie unseren Zielen entspricht: engagieren für Projekte, die Winnweiler und deren Bürger und Bürgerinnen dienen.

Vielen Dank für Ihre Zeit zum Gespräch!

Weitere Informationen auf der Homepage der Bürgerinitiative oder im Projektefinder der Landesinitiative.

Wer mehr über die Saatgutbibliothek erfahren möchte, kann das Interview dazu in der „Rheinpfalz“ lesen.