Rund 750 Einwohnerinnen und Einwohner zählt die Gemeinde im Westerwaldkreis in Nordosten von Rheinland-Pfalz. Seit zwei Jahren engagiert sich eine „buntgemischte Truppe“, um mehr Treffmöglichkeiten für Jung und Alt in Oberrod zu schaffen. Was von der Initiatorin des Bürger-Treffs, Kerstin Guckert, zunächst als loser Zusammenschluss geplant war, soll nun in einen Verein überführt werden. Im Interview erläutert die 53-jährige Tourismuskauffrau, die beim Bürger-Treff vor allem für Kommunikation und Vernetzung zuständig ist, warum, und sie berichtet darüber, wie sich die Arbeit des Bürgert-Treffs im Lauf der Zeit entwickelt hat.
Kerstin Guckert (Foto: privat)
Frau Guckert, der Bürger-Treff Oberrod hat vor Kurzem seinen zweiten Gründungsgeburtstag gefeiert, wie ist er ins Leben gerufen worden?
Guckert: Die Idee, eine vereinsunabhängige Möglichkeit zur Vernetzung innerhalb unserer Gemeinde zu schaffen, stammt von mir. Ursprünglich dachte ich ans Anbieten von Mitfahrgelegenheiten, Nachbarschaftshilfe und gegebenenfalls eine Tauschbörse. Eine Mitnahme zu meiner Arbeitsstelle nach Rennerod anzubieten, war eine der ersten Ideen. Über die Frage, wie ich die Menschen in Oberrod über das Angebot informieren soll, habe ich mit meinem Mann diese Idee dann immer weitergesponnen. Hierbei sind wir immer mehr zu der Frage gelangt, wie man unser Dorf lebendiger gestalten könnte.
In Oberrod gibt es leider schon seit vielen Jahren weder eine Kneipe noch Geschäfte, wo sich die Menschen treffen könnten. Die örtlichen Vereine bieten zwar teilweise in ihren Vereinsheimen regelmäßige Treffen an, sie werden aber leider kaum von Nichtmitgliedern genutzt. In erster Linie stellte sich uns daher die Frage, wie man die Menschen im Ort zusammenbringt.
„Ausprobieren“ mit der Unterstützung des Bürgermeisters
Vor circa drei Jahren bin ich dann auf unseren Ortsbürgermeister zugegangen und habe ihm von meinen Überlegungen zu vereinsunabhängigen Treffen zum gegenseitigen Austausch und zur Unterstützung erzählt. Die Idee fand er gut und meinte „probier‘ das doch mal“. Er unterstützt die Initiative seitdem sehr und steht uns mit Rat und Tat zur Seite.
Wie ging es dann weiter?
Guckert: Ich habe zunächst zusammen mit unserem Ortsbürgermeister einen Termin für ein erstes Treffen gesucht und diesen dann im Amtsblatt veröffentlicht. Am 25.01.2023 hat dann der erste Oberroder Bürger-Treff stattgefunden. Besonders gefreut hat mich, dass schon beim ersten Mal elf Personen kamen. Die Menschen hatten ja wenig Vorstellung davon, was bei dem Treffen passieren würde. Toll war von Anfang an der Austausch und die Vielfalt der Ideen. Seitdem ist viel passiert und wir haben einiges im Dorf angestoßen.
Treffpunkte finden, Feste feiern und Angebote etablieren
Beim zweiten Treffen am 8.2.2023 waren wir dann schon 23 Personen und es wurden erste sehr konkrete Ideen weiterentwickelt. Wir haben im Jahr 2023 gemeinsam mit unserem Ortsbürgermeister und einem Team von fachkundigen Männern aus dem Dorf unser Backhaus, den „Backes“ reaktiviert und mehrere Brotbacktermine durchgeführt. In der Vereinshütte des Skiclubs Elz hat ein Teil der Gruppe den ganzen Sommer 2023 an Sonntagen Kaffee und Kuchen angeboten und außerdem hat sich ein monatliches „Erzähl-Café“ etabliert, was schon zu einer festen Institution im Ort geworden ist.
Was haben Sie sonst noch so auf die Beine gestellt?
Guckert: Sowohl 2023 als auch 2024 hat es in Oberrod ein kleines Adventsfest am Backes gegeben, bei dem die Kinder der „Gruppenstunde“, die sich schon seit vielen Jahren unter Anleitung eines tollen Teams treffen und gemeinsam basteln, den dörflichen Weihnachtsbaum geschmückt haben. Es gab Waffeln und Tee sowie Glühwein und Bratwurst und es war eine wunderschöne gemeinsame Einstimmung in die Adventszeit. Ein weiteres sehr engagiertes Team von Freundinnen hat mit viel Liebe einen „lebendigen Adventskalender“ organisiert, der unglaublich toll ankam und 2024 wiederholt wurde. Viele Menschen aus dem Dorf, auch neue Einwohner, sind abends zusammengekommen, haben gemeinsam gesungen oder die adventlich geschmückten Fenster bewundert, sich unterhalten und viel Spaß gehabt.
Im Sommer 2024 haben wir ein sehr schönes Kinderfest in der Dorfmitte organisiert. Die Bewirtung übernahmen die örtlichen Vereine Schützenverein, Freiwillige Feuerwehr, Frauengemeinschaft und Kapellenverein. Das war bei strahlendem Sonnenschein auch eine richtig tolle Veranstaltung.
Das Für und Wider der Vereinsgründung
Sie schreiben bei uns auf der Webseite, dass der Bürger-Treff ein lockerer Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern ist, was meinen Sie damit?
Guckert: In unserem kleinen Ort gibt es ja bereits einige Vereine und es war von meiner Seite nie die Idee, einen weiteren zu gründen. Es ging eigentlich immer darum, jeder und jedem die Freiheit zu lassen, sich so zu engagieren, wie es Zeit und Lust erlauben.
Leider stellten wir fest, dass es aus verschiedensten Gründen nicht so leicht ist, als buntgemischte Gruppe im Alter zwischen 30 und 70 Jahren, einfach so „draufloszumachen“. Es gab zum Beispiel immer wieder Bedenken und Probleme bei der Finanzierung. Auch konnten wir nicht bei allen Veranstaltungen die Möglichkeit nutzen, diese in Kooperation mit den bereits vorhandenen Vereinen durchzuführen. Vor allem aufgrund der rechtlich und steuerlich ungeklärten Situation haben wir uns nun entschlossen, doch einen Verein zu gründen.
Bedarfsgerecht Tools und Angebote entwickeln
Der Bürger-Treff ist ja auf der Dorfwebseite ziemlich gut präsentiert mit vielen Tools! Wer pflegt dies und wie kommunizieren Sie untereinander und ins Dorf?
Guckert: Der Admin unserer Gemeinde-Website bekommt Texte und Infos von mir und pflegt diese in Absprache mit unserem Ortsbürgermeister ein. Außerdem haben wir einen WhatsApp-Kanal, einen WhatsApp- bzw. E-Mail-Verteiler und nutzen zusätzlich unser Amtsblatt und Plakate. In einem Google-Kalender auf der Oberroder Internetseite können wir auch alle Veranstaltungen veröffentlichen. Leider funktioniert immer noch nicht alles perfekt…
Bei den Ideen zur Gestaltung des Dorflebens erwähnen Sie auf der Webseite auch die Nachbarschaftshilfe, welchen Stellenwert hat diese bei Ihrer Arbeit?
Guckert: Das ist bisher tatsächlich nicht so nachgefragt. Die meisten älteren Menschen im Dorf haben Familie oder Nachbarn, die die Unterstützung offensichtlich selbst gut organisieren. Wir hatten einmal den Fall, das eine ältere Dame Unterstützung brauchte für die Zeit des Urlaubs der Tochter. In dem Fall hat sich innerhalb der Gruppe schnell jemand gefunden. Es gibt eine virtuelle Pinwand, auf der ich zum Beispiel meine tägliche Mitfahrgelegenheit anbiete. Das ist natürlich alles noch ausbaufähig und es kommt ja letztlich auf den Bedarf an.
Ihr Verhältnis zum Bürgermeister scheint ziemlich gut zu sein, wie sieht es mit anderen Vernetzungen aus?
Guckert; Ja, zum Bürgermeister habe ich einen guten Draht. Ich bin ja auch in Oberrod aufgewachsen und habe dort fast ununterbrochen gewohnt, bin also auch im Ort bekannt und gut vernetzt. Auch in Nachbarorte, wo ich zum Beispiel auch in zwei Vereinen aktiv bin. Da ich bei der Verbandsgemeinde arbeite, bestehen auch dorthin gute Kontakte.
Menschen, die gemeinsam etwas verändern „ist mir die größte Motivation“
Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?
Guckert: Zunächst wollen wir jetzt die Vereinsgründung angehen. Wir haben viele weitere Ideen, die wir danach angehen wollen, zum Beispiel ein Dorfflohmarkt, einen regelmäßig geöffneten Backes als Dorftreffpunkt, offene Gärten, gemeinsame sportliche Aktivitäten wie Fahrradfahren oder ein Hundetreff. Ein Vorschlag unseres Bürgermeisters war zudem die Pflanzung einer Streuobstwiese auf Gemeindeland. Es wird sich sicherlich einiges ergeben.
Gibt es besondere Erlebnisse, seit Beginn Ihres Engagements, die Sie dafür motivieren?
Guckert: Ich freue mich, dass sich in den zwei Jahren so viele Menschen zusammengefunden haben, die Lust haben und sich die Zeit nehmen, mit anderen gemeinsam etwas zu verändern und zu verbessern. Das ist mir die größte Motivation.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Guckert.
Weitere Informationen zum Bürger-Treff auf der Webseite des Ortes oder im Projektefinder der Landesinitiative.