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Projekt des Monats Mai: Ruppach-Goldhausen – eine lebenswerte Dorfgemeinschaft für alle Generationen

Vor sieben Jahren hat sich im Westerwaldkreis der Verein Generationengemeinschaft Ruppach-Goldhausen lebenswert e.V. gegründet. Über nachhaltige Angebote und regelmäßige Veranstaltungen haben sich seitdem die knapp 1200 EinwohnerInnen von Ruppach-Goldhausen über alle Altersklassen hinweg besser vernetzt und die Dorfgemeinschaft so noch enger zusammengeschweißt.

Die Generationengemeinschaft ist heute ein fester Bestandteil der Gemeinde und die Anzahl sowohl der Vereinsmitglieder als auch der Helfenden vor Ort ist seit der Vereinsgründung stetig gewachsen. Den Anstoß für das Projekt gab Gerold Sprenger, der sich seit 2009 für die Initiative engagiert und den Verein 2013 mitgegründet hat. Der 57-jährige ehemalige Ortsbürgermeister und heutige Vereinsvorsitzende brachte dabei seine Erfahrung als Bürgermeister von 20 Jahren ein und konnte viele Bürgerinnen und Bürger dazu gewinnen, eine zukunftsfähige Gemeinde für alle Generationen aufzubauen und weiterzuentwickeln. Im Interview berichtet er über einige Ergebnisse und Erfahrungen aus der Arbeit des Vereins, der sich derzeit wie alle anderen im „Pandemie-Modus“ befindet.

 Gerold Sprenger (Foto: privat)

Herr Sprenger, auf der Webseite Ihres Vereines wird darauf hingewiesen, dass alle Veranstaltungen der Generationengemeinschaft aufgrund der Corona-Krise ausgesetzt sind. Was hat sich in Ihrer Gemeinde und in Ihrem Verein aufgrund der Pandemie geändert und wie steuern Sie gegen?

Sprenger: Auch in Ruppach-Goldhausen ist das soziale und kulturelle Zusammenleben der Mitbürgerinnen und Mitbürger leider vollständig zum Erliegen gekommen. Kindergarten und Schulen sind nach den gesetzlichen Vorgaben geschlossen, eine Notbetreuung ist sichergestellt. Alle Ortsvereine haben ihre Aktivitäten soweit ausgesetzt. Auch wir als Generationengemeinschaft haben unsere regelmäßigen Aktivitäten wie zum Beispiel Sprechstunde, Generationentreff, Seniorensport, Schwimm- und Casino-Abende oder die Krabbelgruppe eingestellt. Für unsere überwiegend älteren Nutzer und Nutzerinnen der Vereinsangebote gelten höchste Achtsamkeit und Sicherheit.

Aufrechterhalten werden die Einkaufshilfen, die wir in der Krisenzeit durch das Coronavirus sogar kostenfrei anbieten, ebenso wie unsere Fahrdienste für Arztbesuche oder wichtige Behördengänge. Bei der Anmeldung versuchen wir bereits durch Hinterfragen alle Ansteckungsmöglichkeiten auszuschließen und achten bei den Angeboten auf entsprechende Hygienemaßnahmen.

Unsere Besuchsdienste haben wir auf Telefonkontakte beschränkt, diese aber in Zeiten der Krise sogar erweitert mit besonderem Fokus auf alleinlebende Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Aktuell sind alle weiteren Veranstaltungen unseres Vereins wie etwa Ausflüge, Dorfcafés, Dorffrühstück, Wanderungen, Bastelaktionen abgesagt und auch unser Oktoberfest könnte davon betroffen sein. Unsere vereinseigene „Hotline“ – eine Rufnummer, über die der Verein erreichbar ist und alle Anfragen und Aktivitäten gestellt und gebucht werden können –, hat sich hier als großer Vorteil erwiesen. Zu vielen Vereinsmitgliedern halten wir den Kontakt über unseren Mailverteiler aufrecht. Darüber hinaus werden wichtige Änderungen bei den Vereinsangeboten im Wochenblatt der Verbandsgemeinde Montabaur veröffentlicht.

Auch wenn jetzt über die Lockerung der Einschränkungen diskutiert wird, werden wir nur sehr behutsam unsere Vereinsangebote wieder aktivieren, immer unsere hochbetagten Nutzerinnen und Nutzer im Blick.

Nutzen Sie schon digitale Kontaktmöglichkeiten oder überlegen Sie aufgrund der Corona-Krise hier stärker aktiv zu werden?

Sprenger: In der Vereinsorganisation sind wir bereits recht gut aufgestellt Über eilige Angelegenheiten tauschen wir uns im Vorstand und den Geschäftsfeldleitungen unkompliziert per WhatsApp-Gruppe aus. Vorstandssitzungen finden per Telefonkonferenz oder Web-Meetings statt, wobei Agenda und weitere Hinweise oft im Vorfeld per Mail übermittelt werden.

Für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger hatten wir eigentlich jetzt im Mai ein Seminar zum Umgang mit Smart-Phone, PC und Social-Media vorgesehen, das wir aufgrund der Krise verschieben mussten, aber hier bleiben wir am Ball. Schon jetzt unterstützen wir aber die Menschen beim Umgang mit Smart-Phone und PC. Oft erreichen uns hier Hilferufe per Telefon und viele Probleme können dann auch direkt gelöst werden. Hin und wieder ist aber auch ein Einsatz vor Ort nötig.

Auf der Vereinswebseite werden Geschenkgutscheine angeboten. Wie gut wird dies angenommen?

Sprenger: Das Angebot wird leider kaum genutzt und wir wissen eigentlich auch nicht warum. Die meisten Gutscheine haben wir daher bisher selbst zu runden Geburtstagen oder Jubiläen verschenkt. Dabei handelt es sich dann um Geldbeträge, für die sich die Empfänger dann Leistungen unseres Vereins frei einkaufen können.

Ihr Verein bezeichnet sich ja als Generationengemeinschaft. Wie viele Menschen engagieren sich heute freiwillig im Verein? Erreichen Sie auch alle Altersgruppen in Ihrer Gemeinde gleichermaßen?

Sprenger: Unser Verein hat aktuell 154 Mitglieder im Alter von eins bis 97 Jahre. Wir können auf 31 Helfer und Helferinnen zurückgreifen, die zwischen 35 und 72 Jahre alt sind. Die Menschen vor Ort sprechen wir das ganze Jahr über mit verschiedenen Veranstaltungen an, die altersgerecht oder aber generationsübergreifend sind.

Mit dem Zuspruch sind wir mehr als zufrieden. Einzig in der Zielgruppe der Jugendlichen von 14 bis 25 Jahren tun wir uns sehr schwer. Die Angebote, die wir für diese Gruppe machen, werden leider nur mäßig genutzt. Ich denke ein Grund dafür ist, dass die jungen Leute wohl eher in ihrem überregionalen Schulsystem vernetzt sind und die Kontakte dort eine größere Rolle spielen. Wir werden aber nicht locker lassen, die jungen Menschen mit einzubeziehen.

Was läuft in Ihrem Projekt besonders gut, auf das Sie stolz sind?

Sprenger: Zunächst bin ich sehr stolz auf die Gesamtentwicklung unseres Vereins. Vieles von dem, was in den sieben Jahren bisher auf die Beine gestellt wurde, hat heute noch Bestand. Das finde ich mehr als beachtenswert.

Zum einen will ich hier die Unterstützungsangebote für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger nennen. Hier gelingt es uns etwa durch Fahr- und Besuchsdienste sowie Hausmeistertätigkeiten, das Leben von älteren und gehandicapten Menschen in den eigenen vier Wänden zu erleichtern sowie Pflegenden hin und wieder ein paar Stunden freie Zeit zu ermöglichen. Dass dies gerade durch die Kontaktbeschränkungen in der Krise schwierig ist, tut uns besonders weh.

Solche Angebote erzielen vielleicht keine große Außenwirkung sind aber für die Vereinsnutzer enorm wichtig und bereichernd im Alltag. Es entstehen dabei enge Vertrauensverhältnisse. Viele nutzen etwa nicht nur einen Fahrdienst zum Arzt, sondern möchten sogar zum Arzt begleitet werden. Deshalb haben unsere Helfer und Heferinnen auch alle eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet.

Des Weiteren – und ohne uns zu sehr selbst loben zu wollen – glaube ich sagen zu können, dass mit dem Wirken der Generationengemeinschaft und unseren Veranstaltungen endlich wieder altersübergreifende Vernetzungen im Dorf stattfinden. Dies war leider etwas verloren gegangen. Denn die meisten Aktivitäten der Ortsvereine finden in eigenen Räumlichkeiten statt, sodass übergreifende Kontakte eher rar wurden. Für mich ist es daher wunderbar, wenn bei den Dorfcafés, beim Dorffrühstück oder dem Oktoberfest, beim Wandertag oder Ausflügen Menschen aller Altersschichten teilnehmen und miteinander ins Gespräch kommen.

Gibt es im Rahmen des Projektes eine Initiative, die Sie für besonders gelungen halten?

Sprenger: Gelungen sind eigentlich alle. Aber spontan würde ich sagen, dass unsere Aktionen „Kinder basteln – Opas zeigen wie’s geht, eine besondere Erwähnung verdient. Hier bereiten fünf rüstige Rentner die Bastelaktion vor und sorgen dafür, dass alle Kinder nach zwei Stunden Basteln mit einem fertigen Produkt nach Hause gehen können. Dafür sind meist einige vorbereitende Werkstunden erforderlich, in denen sich auch die Senioren untereinander nähergekommen sind. So hat sich ihr soziales Netzwerk erweitert, aus dem heraus dann weitere private Aktionen entstehen. Das ist besonders schön für diejenigen, die alleine leben.

Wenn man dann noch sieht, mit welcher Begeisterung und mit welch großen Augen die Kinder am Werk sind, die das Vertrauen der Opas genießen, ist das eine runde Sache. Beim abschließenden Imbiss fachsimpeln dann die kleinen und großen Handwerker auf Augenhöhe und alle haben einen Riesenspaß an der Aktion. Dabei ist es uns wichtig, dass alle Aktionen mit Kindern kostenfrei sind, vom Bastelmaterial über die Limo bis hin zur Pizza.

Wie sehen Sie in die Zukunft, welche Ziele haben Sie sich gesteckt? Und welche Pläne möchten Sie vorrangig umsetzen?

Sprenger: Wir sind noch immer ein recht junger Verein, es geht uns also sehr um Nachhaltigkeit und die Etablierung unserer Angebote. In Zusammenarbeit mit unserem Beirat, in dem Frauen und Männer wichtiger sozialer Gruppen und Einrichtungen im Ort vertreten sind, versuchen wir die Unterstützungsangebote ständig auf die Bedürfnisse unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger anzupassen.

So möchten wir etwa einen gemeinsamen Mittagstisch etablieren, auf den sich auch die Grundschulkinder freuen dürfen. Darüber hinaus bemühen wir uns aktuell darum, Mitstreitende zu suchen, die mittelfristig Verantwortung im Verein sowohl im Vorstand als auch in unseren verschiedenen Geschäftsfeldern übernehmen können und wollen.

Langfristig sollen unsere Angebote ergänzt werden um Wohngemeinschaften für Seniorinnen und Senioren, quasi ein betreutes Wohnen zu Hause. Hier ist aber vom Konzept bis zur Finanzierung noch einiges zu tun.

Vielen Dank für das Interview, Herr Sprenger.

 

Weitere Informationen unter:

https://www.ru-go.de und auf Webseite der Landesinitiative