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  • Aktuelles zur Landesinitiative

Zusammensein und Zusammenwirken gegen Einsamkeit in der Nachbarschaft

Großer Andrang und umfangreicher Input – das August-Treffen der rheinland-pfälzischen Nachbarschaftsinitiativen mit Sozialminister Alexander Schweitzer war ein großer Erfolg.

Unter dem Motto „Nachbarschaf(f)t“ trafen sich am 31. August 2023 mehr als 70 Personen aus Nachbarschaftsprojekten aus ganz Rheinland-Pfalz im Ministerium für Arbeit, Soziales, Digitalisierung und Transformationen (MASTD), um sich über Ideen und Ansätze gegen Einsamkeit auszutauschen – „ein drängendes Thema unserer Zeit“, wie es Sozialminister Alexander Schweitzer auf der Veranstaltung in Mainz ausdrückte. Bestätigt wurde dies auch durch das große Interesse an der Veranstaltung, denn der Veranstaltungsraum war bis auf den letzten Platz gefüllt.

„Kontakte und stabile lokale Netwerke wirken gegen Einsameit"

Aktuelle Studien des Kompetenznetzwerkes Einsamkeit (KNE) zeigen, dass Vereinsamung neben persönlichen Gründen oft durch fehlende Begegnungsorte und Teilhabestrukturen ausgelöst wird. Schweitzer lobte in diesem Zusammenhang die „unschätzbar wichtige Arbeit“, die freiwillig Engagierten mit vielfältigen Angeboten gerade auch im Rahmen von Nachbarschaftsinitiativen und -projekten im Land leisteten. So entstünden neue Kontakte und stabile lokale Netzwerke, „die gegen Einsamkeit wirken“. „Menschen zum freiwilligen Engagement zu ermutigen und sie dabei weiter zu unterstützen, ist ein wichtiges Ziel der Landesregierung“, unterstrich der Minister weiter.

Begleiten, helfen, treffen, lesen – Einsamkeit kann mit vielfältigen Angeboten entgegengewirkt werden

Tiefere Einblicke in die vielfältigen Möglichkeiten gegen Einsamkeit zu wirken, gaben Stefan Bremler vom „Helferkreis Selzen“, Rainer Reuter von „Hand in Hand im oberen Kylltal“, Inge Schmidt von der Bürgergemeinschaft „Mach mit!“, Jan Buchbender von der „Nachbarschaftshilfe Koblenz-Süd“, Daniela Gönner von „Mombach hilft“ und Björn Flick von „Wäller helfen“. Sie berichteten von den vielfältigen Angeboten, die sie im Laufe der Zeit auf die Beine gestellt haben: So bieten die Nachbarschaftsvereine etwa Begleitung zum Arzt, Einkaufshilfen und Besuchsdienste an. Es gibt Mittagstische, Treffs, Veranstaltungen und organisierte Ausflüge. All dies hilft dabei, in Kontakt zu bleiben und neue Menschen kennenzulernen.

Kreative, individuelle Aktionen der Lesebotschafter*innen, zugeschnitten auf die Bedürfnisse vor Ort

Vor(Lesen) ist eine weitere gute Möglichkeit, um Kontakte zu isoliert lebenden Menschen in der Nachbarschaft zu knüpfen und sie zu sozialer Teilhabe zu bewegen. Deshalb hat die Landesinitiative Neue Nachbarschaften 2021 das Fortbildungsangebot zum bzw. zur Lesebotschafter*in ins Leben gerufen. Mehr als 80 Frauen und Männer in Rheinland-Pfalz haben bisher an der Basisqualifikation teilgenommen und werden über Aufbauqualifikationen, digitalen Erfahrungsaustausch und über die Online-Plattform Moodle durch die Landesinitiative weiter begleitet und bei ihrem Engagement unterstützt. Zehn von ihnen überreichte Schweitzer in Mainz ihr persönliches Zertifikat.

„Ich freue mich, dass das Interesse an der Fortbildung konstant hoch ist. Ich bin beeindruckt von den kreativen Aktionen, die daraus in den Gemeinden entstanden sind“, so Annette Scholl, die die Landesinitiative leitet und Ansprechpartnerin für die Lesebotschafter*innen ist. Ob individuelles Vorlesen beim Nachbarn oder literarische Spaziergänge von Ulrike Brestel und Silke Lack in Germersheim, der Kreativität ist bei der Umsetzung keine Grenzen gesetzt. So bietet etwa Gerlinde Ganzer in Höhr-Grenzhausen ein Literarisch-Kulinarisches Quartett an, bei dem neben Lesungen auch Wissensvermittlung, Bewegung und Kulinarisches angeboten wird. Auf so unterschiedliche Art und Weise öffnen Lesebotschafter*innen Türen zu zurückgezogen lebenden Menschen.

Damit sich Angebote etablieren und regelmäßig stattfinden, kann die Begleitung und Unterstützung der ehrenamtlichen Lesebotschafter*innen durch hauptamtliche Personen wie der Leiterin des Germersheimer Seniorenbüros und der Gemeindeschwesterplus Michaele Meudt wichtig sein. Sie war es auch, die Gerlinde Ganzer nach ihrer Qualifizierung als Lesebotschafterin für ihre Idee des Literarisch-Kulinarischen Quartetts schnell begeistern und gewinnen konnte.

„Dies zeigt, wie wichtig es ist, möglichst viele verschiedene Angebote im Land aufzubauen“, erläutert Scholl. Denn sie spiegelten schließlich die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Beteiligten wider, sowohl der Lesebotschafter*innen als auch ihrer Zielgruppe und nicht zuletzt der Situation vor Ort. „Daraus können dann weitere neue Ideen entstehen und Menschen erhalten Impulse, sich in diesem Bereich zu engagieren“, so Scholl.

Initiativen reagieren auf veränderte Bedürfnisse der Ehrenamtlichen

Die aktuelle Befragung der nachbarschaftlichen Netzwerke hat bereits im Vorfeld des Treffens in Mainz deutlich gemacht, dass diese sich neuen Herausforderungen stellen müssen, wie wachsender Altersarmut und anderen Bedürfnissen der Baby-Boomer-Generation. In den Diskussionsrunden am Nachmittag des Treffs zeigte sich beispielsweise, dass bereits viele Nachbarschaftsinitiativen es akzeptieren, wenn sich immer mehr Engagierte nicht regelmäßig einbringen möchten. Die Initiativen versuchen darauf einzugehen und in Absprache mit den Interessierten das Engagement passend zu gestalten oder ein Angebot für ein Ehrenamt zu machen, das zum Beispiel nur eine Stunde pro Woche umfasst. 

Sorgende Gemeinschaften spielen wichtige Rolle bei der Sozialraumentwicklung

Nähere Einblicke zur Stärkung sozialräumlicher Ansätze in der Sorge für Menschen mit Unterstützungsbedarf gab in Mainz Christoph Beck, der für das Grundsatzreferat „Neue Wohnformen, Grundsatzfragen des demografischen Wandels“ im MASTD verantwortlich ist. Er erläuterte, welche Bedeutung dieses neue Projekt des rheinland-pfälzischen Sozialministeriums für nachbarschaftliche Initiativen hat (s. auch nebenstehende Präsentation). Dabei unterstrich er, dass sorgende Gemeinschaften neben Wohnen und Pflege ein wichtiges Handlungsfeld in der Sozialraumentwicklung seien. Nun ginge es darum, die Erfahrungen zu bündeln, Herausforderungen auszuloten sowie Lösungen und „Gelingensfaktoren“ herauszuarbeiten.

Nach den intensiven Diskussionen und umfangreichen Informationen beim Treffen im Ministerium fand der Tag abschließend einen besonderen Ausklang im Biergarten des Kurfürstlichen Schlosses. Rund zwanzig Teilnehmende und das Team der Landesinitiative genossen den Abend in geselliger Atmosphäre.