Inge Schmidt ist eine von vielen, die das Motto im Vereinsnamen wahrgemacht hat. Bereits seit sechs Jahren engagiert sich die 74-Jährige, die lange selbstständig gearbeitet hat, im Verein, die Hälfte der Zeit bereits als 1. Vorsitzende. Im Folgenden berichtet Sie von der Vereinsarbeit und den Erfahrungen, die sie dabei gemacht hat. Ein Anliegen, das ihr besonders am Herzen liegt, ist der Fortbestand des Vereins, der schon seit zwölf Jahren besteht. Sie würde es sehr begrüßen, wenn neue und vor allem auch jüngere Personen, der Aufforderung im Vereinsnamen nachkommen würden.
Inge Schmidt (Foto: privat)
Frau Schmidt, „MACH MIT“ heißt Ihr auffordernder Vereinsname. Wie viele Menschen engagieren sich bei Ihnen und wie ist der Verein gewachsen?
Schmidt: Im Verein engagieren sich derzeit ca. 200 Bürgerinnen und Bürger. Der Altersdurschnitt der Mitglieder liegt bei etwa 75 Jahren; und alle können noch gut anpacken! Nachdem im Jahr 2009 die Gründung eines Projektes zum betreuten Wohnen scheiterte, wollten die Projektgründer nicht aufgeben und suchten nach einer anderen Möglichkeit, Seniorinnen und Senioren sowie hilfebedürftige Personen zu unterstützen. Daraus wuchs nach einigem Überlegen die Idee einer Nachbarschaftshilfe. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer boten, anfangs nur in der Ortsgemeinde Hillscheid, allerlei Unterstützung im Alltag an. Von Einkaufs- und Botengängen, Hausarbeit, kleinerer Gartenarbeiten, Fahrdiensten bis hin zu einem „offenen Ohr“ gab es viel zu tun. Das Angebot wurde in Hillscheid gut angenommen. Aufgrund der Infrastruktur entschloss sich der Verein im Jahr 2015 sein Angebot auf die gesamte Verbandsgemeinde auszuweiten, sodass, neben Hillscheid, nun auch Hilfen in Höhr-Grenzhausen, Hilgert und Kammerforst angeboten wurden.
Junger Nachwuchs für alte Werte gesucht
Was war Ihre Motivation beim Verein mitzumachen?
Schmidt: Ich bin seit vielen Jahren mit der ehemaligen Vorsitzenden Hildegard Jöris befreundet und dadurch zum Verein gekommen. Wie überall werden immer wieder freiwillige für die Vorstandsarbeit gesucht. 2017 habe ich den ersten Vorstandsposten als Schriftführerin übernommen, seit 2019 bin ich Vorsitzende des Vereins. Wir hoffen aber bis zur nächsten Jahreshauptversammlung für den Vorstand noch weitere jüngere MitMacher und MitMacherinnen gewinnen zu können.
Was denken Sie woran es liegt, so schwer Nachfolger für die Vereinsarbeit zu finden?
Schmidt: Ich denke die Gründe darin sind sehr unterschiedlich, beim einen ist es die Arbeit, beim anderen die Familie. Die Anforderungen werden in der heutigen Zeit immer größer, schneller, weiter… Sich da noch Zeit für andere zu nehmen und sich zu engagieren, fällt den meisten schwer. Gleichzeitig wollen sich viele nicht mehr zeitlich an ein Amt oder eine Aufgabe binden, um möglichst flexibel zu sein. Alte Werte, wie sich umeinander zu kümmern, gehen zum Teil verloren. Daher ist es wichtig, auch Jüngere für den Verein zu begeistern, um diese Werte und Hilfen aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit jungen Familien und deren Kinder wollen wir jetzt eine Baumpflanzaktion mit dem Förster durchführen. So kommt man ins Gespräch, kann sich austauschen und hat noch einen sinnvollen Beitrag zur Natur geleistet.
Gibt es noch weiter Aktionen oder Projekte, dies Sie mit Jung und Alt realisieren (wollen)?
Schmidt: Wir bieten verschiedene Aktionen für Jung und Alt. Grundsätzlich gibt es keine Altersbeschränkungen für unsere Angebote, manches ergibt sich aufgrund von Interessenlagen von selbst. So haben wir z. B. einen Stricktreff, an dem zwar überwiegend Ältere teilnehmen, aber auch Jüngere können gerne mit dazukommen. Es gibt generationenübergreifende Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Turniere, Spieletreffs, Dialekttreffs… Leider mussten einige der Aktionen aufgrund der Pandemie ruhen; daher freuen wir uns besonders, dass im Oktober wieder einmal ein Seniorennachmittag in Präsenz stattfinden konnte. Geplant ist in diesem Jahr auch wieder ein Weihnachtsmarkt in Hilgert, an dem wir mit einem Stand teilnehmen, dort kommt man ins Gespräch und kann sich mit vielen Besuchern austauschen.
Sie erwähnten ja bereits, dass mit 75 Jahren recht hohe Durchschnittsalter ihrer Vereinsmitglieder. Hat sich die Angebotspalette über die zwölf Jahre seit Gründung des Vereins geändert?
Schmidt: Leider nur minimal – es sind ja schon ein paar Jüngere dazu gekommen – auch in den Vorstand – nur: um weiter zu existieren, müssen wir an dieser Stelle noch „arbeiten“.
Wie gut vernetzt ist Ihr Verein mit der Stadt und der Verbandsgemeinde? Fühlen Sie sich gut unterstützt?
Schmidt: Der Kontakt zum Rathaus und zur Verbandsgemeinde ist sehr gut. Wir bekommen hier Unterstützung verschiedenster Art. So haben wir z.B. Zugriff auf ein Büro für den Telefondienst zur Organisation von Fahrdiensten mit dem Bürgerbus. Auch gibt es eine Mitarbeiterin im Rathaus, Susanne Dommermuth, die das Seniorenbüro leitet, als Kontaktstelle. Dort werden auch Anfragen entgegengenommen und koordiniert.
Menschen zusammenbringen: „Kontakte knüpfen, vertiefen und sich darauf verlassen können“
Auf Ihrer Webseite kündigen Sie an, dass das CAP-Mobil seit Oktober wieder im Einsatz ist, was hat es damit auf sich?
Schmidt: Das CAP-Mobil ist ein gesponsertes Auto des CAP-Marktes, ein Projekt zur Inklusion gehandicapter Menschen in das Berufsleben. Mit dem Wagen werden die Bürgerinnen und Bürger zum Markt gefahren, um einzukaufen und ein Schwätzchen zu halten. Während der Pandemie mussten wir aber die Fahrten leider aussetzen, um die Gesundheit aller zu schützen. Wir freuen uns daher umso mehr, dass das CAP-Mobil seit Juli seinen Dienst wieder aufnehmen konnte und so Menschen zusammenbringt.
Die Corona-Pandemie hat ja bei allen Initiativen alles durcheinandergebracht. Wie ist der MACH MIT e.V. bisher durch die Krise gekommen?
Schmidt: Wir sind bisher verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen. Es gab nur ganz wenige Infektionen – bis jetzt. Das sieht aber momentan schon wieder etwas anders aus.
Waren die digitalen Kontakt- und Kommunikationswege für Sie hilfreich in der Krise?
Schmidt: Neben mir gibt es zwei weitere DigiBos (Digitalbotschafter:innen) im Verein. Wir haben während Pandemie und Lockdown versucht, so viele Menschen wie möglich an das Internet und Digitales heranzuführen, die vorher noch nichts damit zu tun oder Angst davor hatten. Die Hürde, sich mit Digitalem zu beschäftigen, ist für viele Ältere hoch; sich gemeinsam mit dem Neuen Medium beschäftigen hilft beim Einstieg. Wer Interesse hatte, wurde von uns beim Umgang mit seinem Gerät im privaten Gespräch, unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen, angeleitet. So konnten wir vielen einen Kontakt z. B per Videoanruf zu ihren Enkeln oder Kindern herstellen und ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Um die Berührungsängste mit den neuen Medien weiter abzubauen, planen wir etwa eine Zoom-Schulung mit dem AWO-Seniorenzentrum und auch unser Internetcafé wird helfen, wenn es die Pandemie erlaubt.
Was gehört zu Ihren schönsten Erfahrungen in ihrer Vereinstätigkeit, während und vor der Corona-Krise?
Schmidt: Der Zusammenhalt während der Corona-Krise war und ist toll. Viele fleißige Hände haben zu Beginn über 1500 Stoffmasken genäht und an verschiedene Einrichtungen verschenkt; so hatte man das Gefühl, einen guten Beitrag zu leisten. Vor der Pandemie war natürlich jeder persönliche Kontakt, die vielen Zusammentreffen mit alten Bekannten und neuen Gesichtern immer eine Bereicherung. Kontakte knüpfen, vertiefen und sich darauf verlassen können bildet die Grundlage unserer Vereinsarbeit.
Am Heiligabend soll niemand alleine bleiben
Gibt es ein Angebot, dass Sie als „besonders“ für Ihren Verein empfinden?
Schmidt: Ganz klar: „Heilig Abend nicht allein“! Gerade an Weihnachten soll niemand alleine und Einsam sein. Das Angebot richtet sich an genau diejenigen, die dies trotzdem wären, sei es weil die Angehörigen weit weg leben oder es keine Angehörigen mehr gibt. Man kommt zusammen, isst etwas, erzählt und ist in Gemeinschaft. So wie es jede und jeder an diesem Tage haben sollte.
Sie haben ja an unserer Fortbildung zur Lesebotschafterin teilgenommen. Wie fanden Sie die Fortbildung und ist daraus schon ein konkretes Projekt erwachsen?
Schmidt: Die Überlegungen dazu laufen noch. Bei einem unserer nächsten Treffen wollen wir überlegen, wie wir dazu etwas umsetzen können. Ich könnte mir vorstellen einen monatlichen Lesetreff einzurichten. Da ist noch Kreativität gefragt, aber es wird sich bestimmt etwas Schönes entwickeln.
Ein breites Angebotsspektrum: „Niemand soll vergessen werden“
Wie sehen Ihre weiteren Pläne für die Zukunft des Vereins aus?
Schmidt: Persönlich möchte ich gerne das Ruder bei den nächsten Wahlen an jemanden Neues, im Idealfall auch eine jüngere Person abgeben. Denn wenn das Gesicht des Vereins jünger wird, zieht das auch wieder eine andere Zielgruppe an. Wir konnten in der letzten Zeit glücklicherweise schon ein paar jüngere Gesichter neu im Vorstand begrüßen, so wächst und entwickelt es sich immer weiter. Wie sich die Arbeit des Vereins entwickelt, das hängt natürlich auch immer von den sozialen und infrastrukturellen Entwicklungen ab. Ich hoffe, dass auch in Zukunft viele Veranstaltungs- oder Projektideen entstehen und diese natürlich auch umgesetzt werden. Niemand sollte vergessen werden und der Verein ein breites Angebotsspektrum für jede Altersstufe und (fast) jedes Anliegen bieten.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schmidt.
Weitere Informationen auf den Websites der Landesinitiative sowie der Bürgergemeinschaft.