Die Motivation „Die Brücke“ in der Hunsrückstadt und Verbandsgemeinde Kastellaun zu gründen, kam durch einen Kontakt zur Solidargemeinschaft Dreieich in Hessen. „Unsere Geburtshelfer“, berichtet Hermann-Josef Kasper, der Gründungsmitglied des Vereins ist. Seit vier Jahren ist der 75-jährige ehemalige Versicherungsangestellte zudem Vereinsvorsitzender und berichtet im Interview von den Herausforderungen und Erfolgen in der Vereinsarbeit.
Hermann-Josef Kasper (Foto: Die Brücke)
Herr Kasper, in Ihrem Verein kann man Gutpunkte sammeln und wieder ausgeben. Wie funktioniert das Prinzip? Wie viele Punkte haben Sie schon selbst gesammelt und ausgegeben und wofür?
Kasper: Wir sind eine Solidargemeinschaft auf Gegenseitigkeit. Das heißt, die Vereinsmitglieder werden nur für andere Mitglieder tätig. Jeder der einen Auftrag ausführt erhält dafür pro Stunde zwei Punkte, die auf seinem Konto gutgeschrieben werden. Wenn ein Mitglied eine Leistung in Anspruch nimmt werden die Punkte entsprechend dem Umfang der Leistung auf seinem Konto reduziert.
Meine gesammelten Punkte habe ich überwiegend in einen Sozialfonds des Vereins übertragen, bzw. für eigene Hilfen im Bereich der PC-Hilfe in Anspruch genommen.
Was gehört zu den schönsten Erlebnissen, die Sie als Gründungsmitglied des Vereins in den letzten zwölf Jahren erlebt haben. Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Kasper: Es ist eigentlich die positive Entwicklung des Vereins insgesamt. Nach der Gründung des Vereins hatten wir bereits innerhalb kurzer Zeit ca. 250 Mitglieder akquiriert. Mittlerweise hat unser Verein rund 310 Mitglieder. Die Anzahl der Hilfeleistungen im Jahr 2019 betrug insgesamt 570 Einsätze, seit Gründung des Vereins sind es über 8000 Einsätze gewesen. Sehr schön war unser 10-jähriges Jubiläum, das wir 2018 gefeiert haben und das auch von der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen wurde.
Sie bezeichnen sich als Solidargemeinschaft der Generationen. Funktioniert das Prinzip untereinander und welche Generation engagiert sich wie?
Kasper: Ja, unsere Solidargemeinschaft ist ausdrücklich altersmäßig nicht begrenzt. Junge und Alte sind gleichermaßen herzlich willkommen. Allerdings ist es schon so, dass aktuell unsere Mitglieder zum größten Teil den Seniorinnen und Senioren zuzurechnen sind.
Was gehört zu den erfolgreichsten oder gelungensten Initiativen und Angeboten Ihres Vereins?
Kasper: Zu den erfolgreichsten Hilfeleistungen gehören unsere Begleitdienste in Form von Fahrten beispielsweise zu Ärzten und Krankenhäusern oder zu Geschäften zum Einkaufen. Gerne angenommen wird auch die Hausaufgabenbetreuung und Aufsicht bei der Essenausgabe in der Grundschule Kastellaun. Weiter sind handwerkliche Arbeiten und Hilfe bei der Gartenarbeit gefragt. Großen Zuspruch haben auch die gemeinsamen Mittagsessen und Ausflüge, die etwas Abwechslung in den Alltag bringen. Erfolgreich sind aber auch unsere Besucherdienste im Altenheim.
Wie erleben Sie die Corona-Pandemie in Ihrem Verein. Was hat sich verändert und wie reagieren Sie auf die Situation vor Ort? Sind digitale Kommunikationswege für Sie einsetzbar?
Kasper: Die Corona-Pandemie hat das Vereinsleben leider sehr stark beeinträchtigt. Unser Kontaktbüro wurde für den persönlichen Besuch gesperrt. Wir haben stattdessen versucht, den Kontakt zu den Mitgliedern auf telefonischem Wege sicherzustellen. Digitale Kommunikationswege kamen dabei nicht zum Einsatz, denn unsere Mitglieder zwischen 70 und 80 Jahren sind zumeist gar nicht mit den entsprechenden Geräten ausgestattet.
Während der Corona-Krise kamen aber sowohl die Verbandsgemeinde als auch die Tafel auf uns zu, mit der Bitte Einkaufshilfen zu leisten bzw. Lebensmittel zu den Leuten zu bringen.
Wie gut sind Sie eingebunden in Ihrer Stadt und der Verbandsgemeinde, fühlen Sie sich ausreichend unterstützt?
Kasper: Unser Büro befindet sich im Rathaus von Kastellaun und unsere Tätigkeit beschränkt sich auch überwiegend auf die Stadt. Der Raum dient uns als Anlaufstelle, aber auch die Einsätze werden von dort aus koordiniert. Die Arbeit des Vereins wird insgesamt sehr positiv gesehen. Eine öffentliche, finanzielle Unterstützung ist nicht erforderlich, aber die ideelle Unterstützung ist in großem Maße vorhanden.
Wie erfahren Sie im Verein den demografischen Wandel? Hatten Sie bereits Berührungspunkte mit Mitgliedern, die pflegebedürftig wurden, und wie gehen Sie damit um?
Kasper: Da unsere Mitglieder immer älter werden, spüren wir den demografischen Wandel selbst sehr stark. Leider haben bisher auch Werbemaßnahmen für neue Mitglieder nicht den erhofften Erfolg gebracht. Wir sind schon froh, wenn wir den Mitgliederstand, den wir jetzt erreicht haben, auch beibehalten können. So sind etwa 2019 allein zehn Mitglieder verstorben und 14 weitere ausgeschieden, während nur 15 neue Mitglieder gewonnen werden konnten.
Die Betreuung von pflegebedürftigen Personen geht über unser Leistungsspektrum hinaus.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Vereins? Haben Sie sich besondere Ziele für die Vereinsarbeit vorgenommen?
Kasper: Ein ständiges Bemühen wird es sein, neue und jüngere Vereinsmitglieder für unsere Arbeit zu begeistern. Unsere Hauptzielgruppe sind hierbei insbesondere junge, fitte Rentnerinnen und Rentner. Ansonsten werden wir unsere bestehenden Angebote weiter erfüllen und bei Bedarf natürlich auch ausweiten.
Vielen Dank für das Interview, Herr Kasper.
Weitere Informationen auf der Webseite des Vereins oder auf der Projektseite der Landesinitiative.